Revision einer alten Uhr von Kern und Link
Werkstattbericht
Diese ältere Uhr erhielt ich von einer Uhrensammlerin zur Revision
Ziemlich zerkratzt, ohne besondere Kennzeichnung. Die Torsionsfeder ist abgerissen und ziemlich verdreht. Die Gangwerkfeder hat noch Spannung, wenn der Ankerstift hin und her bewegt wird, dreht sich das Hemmungsrad und auch der Minutenzeiger bewegt sich. Die Uhr ist halt alt und muss gesäubert werden, die Bodenplatte ist zu polieren und dann ist alles wieder ans Laufe zu bringen.
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Schritt
Identifikation.
Anhand der Maße lässt sich in Passmores „Anniversary Clock Identification“ feststellen, dass es sich wahrscheinlich um eine Uhr der Firma Kern handelt. Die hier beschriebene Uhr hat ein Pendel von 280 g und die Torsionsfeder ist 0,091 mm stark. Bei Horolovar finde ich eine Abbildung der Rückseite, die dieser Uhr entspricht und als Herstellungsjahr 1949 angibt.
Das Pendel ist auch bei Horolovar abgebildet, wiegt aber ca. 316 g, ist also schwerer als bei Passmore angegeben und die mitgelieferte Torsionsfeder ist 0,079 mm stark. Mal sehen wie sich das auswirkt.
2. Schritt
Demontage der Uhr Die Gangwerkfeder wird mit Hilfe des Abspannschlüssels entspannt. Die Feder etwas weiterdrehen, den Sperrhaken herunterdrücken – die kleine Spiralfeder, die den Sperrhaken ins Sperrad drückt, kann man unten links erkennen – dann kann man die Feder kontrolliert ablaufen lassen.
Die Zeiger sind verstiftet, der Stahlstift lässt sich mit der Zange lösen, der Minutenzeigerlässt sich leicht abheben, für den Stundenzeiger nehme ich einen Zeigerabheber. Auf der Rückseite löse ich die Brücke für die Torsionsfeder und das Messingrohr, das als Federschutz dient.
Das Uhrwerk ist mit zwei Schrauben am Gestell befestigt, sie lassen sich leicht abdrehen,
Die Platinen sind durch Messingstifte fixiert und lassen sich mit der Flachzange herausdrücken.
Jetzt lässt sich die hintere Platine abheben und das Uhrwerk liegt vor mir. Alles ist sauber, keine Ölverschmierungen, die einzelnen Zahnräder kippen nur wenige Grad zur Seite, stehen gerade in den Lagern.
Minutenrohr und Stundenrohr, sowie das Wechselrad lassen sich von der Vorderseite lösen,wichtig ist die Unterlegscheibe und die Mitnehmerscheibe, die leicht verloren gehen.
Zur Reinigung im Ultraschallbad werden alle Messingteile gesammelt. Die Stahlschrauben und Muttern bleiben davon getrennt, sie werden entrostet und vorsichtig geölt. Das Federhaus wird geöffnet, die Feder darf nicht ins Ultraschallbad, da sie dadurch brüchig wird. Die Gangwerksfeder wird mit einem Federwinder herausgenommen, gesäubert und dann wieder mit Federfett versehen und eingesetzt.
3.Schritt
Säubern der Messingteile
Die Messingteile, Zahnräder, Platinen, Brücke, Pfeiler, Bodenplatte kommen ins Ultraschallbad, dort werden sie von Öl und Verschmutzungen gereinigt.
Alle Messingteile kommen in das Utraschallbad
Nach dem Ultrschallbad:
Die Bodenplatte ist noch fleckig und wird mit Giselputz bearbeitet: Giselputz entfernt Verschmutzungen und ist zugleich Polierpaste.
Die Lager müssen noch zusätzlich gereinigt werden.
Mit einem Putzholz, das in der Drehbank rotiert, reinige ich alle Lager. Erst wenn sich das Holz nicht mehr dunkel färbt, sind die Lager sauber.
Alle Messingteile sind sauber, die Feder ist zurück im Federhaus, die Stahlschrauben und Muttern sind entrostet, jetzt kann der Zusammenbau beginnen.
4. Schritt
Zusammenbau und Justierung
Der Zusammenbau ist problemlos, Das Uhrwerk beginnt nach dem ersten Aufziehtick an zu arbeiten. Alle Lager werden mit Selva Uhrenöl versorgt und
ich montiere die alte Torsionsfeder. Um die Uhr zu justieren, benötige ich zwei Spezialwerkzeuge: einen akustischen Schlagverstärker, um das Ticken der Uhr zu hören und einen einstellbaren Verstellschlüssel.
Zeichnung aus Passmore, Jahresuhr Justierung
Die schwarzen Figuren markieren das Ticken der Uhr - hörbar gemacht durch den akustischen Schlagverstärker - die gelben Figuren markieren die Endpunkte der Bewegung des Pendels. Die Ausschläge müssen in beiden Richtungen gleich groß sein, sonst bleibt die Uhr stehen.
Mit dem Verstellschlüssel verdrehe ich die obere Halterung der Feder um wenige Grad, bis die Uhr im Takt ist.
Der Ausschlag des Pendels soll 270 Grad betragen, was an der Gradeinteilung der Scheibe gut abzulesen ist.
Wenn die Uhr dann im Takt ist und sich das Pendel um die 270 Grad dreht, kann das Einstellen der Zeit beginnen. Zunächst ist zu protokollieren wie oft sich das Pendel in einer Minute dreht - bei den Standardmodellen soll es meist 8 mal pro Minute sein - und ob die Uhr gleichmäßig zu schnell oder zu langsam geht. Erst dann wird durch Drehen der Rändelschraube am Pendel die richtige Zeit eingestellt.
Pendel und vorhandene Torsionsfeder passen gut zusammen, die Zeitmessung ist akzeptabel, die Uhr geht gleichmäßig, das Einstellen der richtigen Zeitmessung dauert noch einige Tage, dann ist sie fertig.